Am liebsten wäre er unsichtbar. Er könnte dann auf die Straße gehen. Ohne fürchten zu müssen, dass jemand Fragen stellt. „Ich hab’ Angst, dass ich darauf angesprochen werde: Warum haste denn so was?“ Gunnar S. redet hastig, „ich geh’ nich’ raus, auch wenn es jetzt warm is’, ich kann nich’ baden gehen, mit freiem Oberkörper, mit den verbrannten Brustwarzen, mit dem ganzen verbrannten Rücken“. Er sackt in den Sessel zurück, sein Blick wartet auf eine Reaktion. Aber was soll man einem Mann sagen, dessen Geschichte so grausig ist, dass die verbrannten Brustwarzen fast schon wie ein minderschweres Detail erscheinen?Der umfangreiche Artikel im Tagesspiegel beleuchtet einen Fall, von dem die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift (!) schreibt, dass die widerlichen Täter „aus angemaßter Rächerrolle, aus auf tiefster Stufe stehender menschenverachtender dumpfer rechtsextremistischer Einstellung und purer Lust“ handelten.
Vielleicht erwartet Gunnar S. gar keine Antwort. Er will reden, trotz seiner Scheu vor der Öffentlichkeit. „Sonst steht in den Zeitungen nur, wat mit den Tätern is’. Ich will, dass drinne steht, was mit mir is’.“ Ein Jahr nach der Tat. Erst jetzt hat Gunnar S. die Kraft, mit einem Journalisten zu reden. Aber er bittet, auf keinen Fall seinen vollen Namen zu schreiben. Und nicht, wo er lebt.
Für solche Fälle wurden Strafrahmenobergrenzen geschaffen.
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