Zu den traurigsten Standards der politischen Ikonographie dürfte das Bild des stimmabgebenden Spitzenpolitikers zählen, wie er den ehrenamtlichen Wahllokalmitarbeitern die Hand schüttelt, die Familie vorzeigt und einen müden Witz darüber macht, wen er wohl gewählt haben mag. Denn an diesem Tag geht es nicht um die optisch vollends kolonisierten, zigmal abgebildeten Berufspolitiker, sondern um den unfrisierten, irgendwie angezogenen, irgendwie gelaunten, gut oder schlecht vorbereiteten Wähler. Es braucht, um über die Zuteilung gewaltiger Macht zu entscheiden, die geringsten denkbaren Voraussetzungen: Staatsangehörigkeit, Volljährigkeit und Zurechnungsfähigkeit - jeder Handykauf ist mit eingehenderen Prüfungen verbunden. Jeder kann kommen, jede Stimme zählt gleich viel. Der letzte Überschuldete Leistungsverweigerer und Schwarzarbeiter hat das gleiche Recht wie ein halb Berlin duzender Verbandsfunktionär oder gar jene Lichtgestalt der politischen Rhetorik dieses Wahlkampfs, die berühmte alleinerziehende Krankenschwester. Und niemand protestiert dagegen. Mancher ist sogar stolz darauf.Diese "Ode an die freie Wahl" ist in voller Länge in der FAZ nachzulesen. Es lohnt sich!
Sonntag, September 18, 2005
Das Volk wählt: Die Sekunden unserer Macht
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