Es ist mittlerweile hinreichend bekannt, dass die wenigsten, die sich zu den - übrigens nicht besonders originellen - Mohammed-Karikaturen äußern, mehr als die eine mit der Zündschnur am Kopf gesehen haben. Darum geht es hier nicht. Die Reaktion derjenigen Gesellschaften, die (so etwas wie) die Aufklärung noch vor sich haben, war - wenn auch nicht in ihrem Ausmaß - vorhersehbar und wohl auch nicht zu ändern, erst recht nicht, nachdem sich meinungsmächtige Agitatoren des Falls dankbar angenommen hatten. Auch die solidarische Reaktion derer, die in gewisser Weise im gleichen Boot sitzen und sich ebenfalls vor "geschäftsschädigender" Verballhornung fürchten, ist nicht wirklich überraschend (wir denken an die Fälle der "gekreuzigten Schweine"). Letztlich auch zu dieser Gruppe gehören - und spätestens hier setzt freilich das Staunen der Beobachter ein - auch westliche Regierungen, die von tiefkonservativen Christen getragen werden.
Die Cartoons hatten keine Titanic-Qualität, soviel ist sicher. Doppelbödigen, entlarvenden Scharfsinn sucht man vergebens. Auch schlechte Cartoons wollen aber verteidigt sein. Das Ausmaß der Verteidigungsreden bleibt in diesen Tagen ohne Zweifel weit hinter dem zurück, was wir erwartet hätten, was wir erwarten dürfen. Ob sich dies angesichts der Gewaltandrohungen gegenüber den Bürgern westeuropäischer Staaten (in die eine oder andere Richtung) ändert, bleibt abzuwarten.
3 Kommentare:
Unabhängig von der Qualität wären die Karikaturen wohl nie erschienen, würden nicht fast täglich anmaßend im Namen Allahs, mit der Verheißung sofort ins Paradies zu wechseln, Bomben gezündet, Leute massakriert und "Ehrenmorde" begangen. Wäre das anders und würden radikale "Religionsführer" in der muslimischen Welt stärker isoliert, so würden zugleich die Versuche in westlichen Staaten Muslime generell als potentiell gewaltätig und demokratieunfähig zu diskriminieren im Keim erstickt. Gewiß um den Preis, dass manchem deutschen Politiker sein Thema abhanden käme. Viele von denen, die sich jetzt auf Traditionen des christlichen Abendlandes berufen und den Westen als aufgeklärt betrachten, übersehen geflissentlich, wie wenig tolerant und teils archaisch z. B. die katholische Kirche ist, dass der Führer der einzigen Weltmacht den Kreationisten zuzurechnen ist und große Teile der nordamerikanische Gesellschaft in gefährlich einfachen Schablonen denken, die denen angeblich rückständiger Staaten wohl nicht nachstehen.
Zu Recht hält sich die Anzahl der Verteidigungsreden in Grenzen: Denn es geht hier nicht, auch wenn einige das gerne suggerieren möchten, um eine Frage der Meinungsfreiheit, steht es doch unstrittig in keinem Zusammenhang mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt. Vielmehr wirft der Vorfall Licht auf die Frage, ob die Freiheit in einer bestimmten Weise zu handeln denn gleichzusetzen ist mit einer verantwortungslosen Beliebigkeit. Wie Herr Hartmann zu recht aufzeigt waren die Reaktionen nämlich durchaus vorhersehbar. Und auch der einfache Test, ob man denn seine eigene religiöse Ausrichtung in dieser Weise dargestellt bekommen möchte, musste zu dem Ergebnis führen, das die Grenze des sozialadäquaten hier deutlich überschritten wurde.
Wenn hier also die Meinungsfreiheit als Recht nicht tangiert ist, dann bedeutet das nicht, dass man sie dennoch als Schild für jegliche Eskapade verwenden kann. Dass die Reaktionen in manchen Staaten natürlich die Verhältnismäßigkeit ebenfalls weit sprengen, steht außer Frage.
Aber wer sehenden Auges sich einer solchen Provokation bedient, der bedarf keiner Verteidigungsrede - jedenfalls solange nicht, wie die Meinungsfreiheit als sein abstraktes rechtliches können sowie die Möglichkeit der unversehrten Ausübung derselben gewährleistet sind.
Ich halte Karrikaturen zu jedem religiösen Bekenntnis, ob gut oder schlecht gemacht, aus. Und solche gibt es gelegentlich. Das Recht, solche zu veröffentlichen, hat man hier glücklicher Weise und das muss man andernorts einfach zur Kenntnis nehmen. Insofern gibt es keinen Grund von Eskapaden zu reden. Das gerade in Dänemark ein gutes Stück Provokation dabei war, ist sicher richtig. Auch dass kann und muss man aushalten. Allenfalls die trotzige Reaktion einiger Zeitungen, die Diskussion mit den Bildern zu würzen und den Beifall des Publikums dazu, finde ich unangemessen. Wer daraus aber internationale Krisen, noch dazu mit einer zeitlichen Verzögerung von über 4 Monaten herbei demonstrieren lassen will, (die Demonstranten haben keine der Karikaturen je gesehen) muss sich Fragen gefallen lassen. Z. B. die, wie er zu den religiösen Eiferern des eigenen Bekenntnisses steht, die häufig genug keine Probleme damit haben, sich über andere Religionen verächtlich zu machen und ziemlich unheilig zum "heiligen Krieg" aufrufen. Oder die, warum er bei religiös begründeten Attentaten, m. E. Mißbrauch jeder Schriftreligion, den Mund hält. Es sind diese gesteuerten Reaktionen, die die hiesigen Ressentiments und den (falschen) Eindruck eines Religionskrieges fördern. Auf der Woge werden dann teils unsägliche Äußerungen der Politiker toleriert, entstehen ebensolche Fragebögen und gelingt es, religiöse Bekenntnisse, entgegen dem Geist der Verfassung, quasi zu kriminalisieren.
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